Die Wanderausstellung

Die Wanderausstellung „Justiz und Nationalsozialismus“ wurde erstmals im September 2016 auf dem 71. Deutschen Juristentag in Essen gezeigt. In einer älteren Form war sie auch früher schon einmal bei dem Landgericht Wuppertal zu Gast.

Seit ihrer letzten Ergänzung im Frühjahr 2019 besteht die Wanderausstellung nun aus 6 Elementen mit 12 Tafeln. Diese erlauben dem zügigen Betrachter einen guten Überblick über den Inhalt der Ausstellung. Diejenigen Besucherinnen und Besucher, die sich vertieft mit dem Thema „Justiz und Nationalsozialismus“ beschäftigen möchten, können sich mit Hilfe der Dokumentenhefte, die der jeweiligen Tafel beiliegen, eingehend informieren. Ergänzt wird dieses Angebot durch eine Vitrine, in der unter anderem das typische Handwerkszeug der Juristen ausgestellt ist. An einer Bildschirmstation werden kurze Filmaufnahmen gezeigt.

Die Wanderausstellung lädt dazu ein, sich mit der Rolle der Justiz einschließlich der westfälischen Anwaltsnotare im Nationalsozialismus zu beschäftigen. Sie bleibt aber nicht bei der Zeit des Nationalsozialismus stehen, sondern zeigt auch die Nachwirkungen der Diktatur von der Gründung der Bundesrepublik bis in die heutige Zeit auf. Die in der Ausstellung aufgegriffenen Themen reichen insbesondere von der Machtergreifung der Nationalsozialisten über die personellen Kontinuitäten in der bundesdeutschen Nachkriegsjustiz und die Bemühungen um Wiedergutmachung bis zu der in die heutige Zeit hineinreichenden strafrechtlichen Ahndung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen.

Zur Historie

Die Jahre 1933 bis 1945, in denen in Deutschland das nationalsozialistische Regime bestand, spielen für das Verständnis deutscher Geschichte  und  Gegenwart eine zentrale Rolle. Die deutsche Justiz hat während dieser Zeit den NS-Staat gestützt. Unter dem Deckmantel einer unabhängigen Justiz sprach sie ihre Urteile „im Namen des deutschen Volkes“, diente jedoch häufig einem verbrecherischen System.

Als Ministerialbeamte wirkten Juristen oft an der Diskriminierung und Entrechtung von Menschen mit; als Staatsanwälte beantragten und als Richter verhängten Juristen vielfach ungerechte sowie unmenschlich harte Strafen. Als erschreckende Bilanz ist insbesondere festzustellen: Mehrere zehntausend Todesurteile – die Zahl liegt je nach Schätzung bei ca. 32.000 und bis zu 80.000 Todesurteilen – davon allein ca. 5.000 Todesurteile des Volksgerichtshofs. In vielen Fällen handelte es sich um nichts anderes als Todesurteile der Justiz auf Geheiß der Führung des NS-Staates.

Die Verfolgung und Ahndung dieser Taten blieb in der jungen Bundesrepublik oftmals unzureichend. Richter und Staatsanwälte, die schon während der NS-Zeit in der Justiz Dienst taten, konnten ihre Karrieren im neuen Rechtsstaat zumeist unbehelligt fortsetzen. Nach dem Ende der NS-Diktatur war es vorerst nahezu unmöglich, das Geschehene offen und vorurteilsfrei aufzuarbeiten. Die große Mehrheit in der bundesdeutschen Bevölkerung wollte nicht zurückschauen, sondern befürwortete einen „Schlussstrich“. Mit Beginn des „Kalten Krieges“ stand zudem die Integration ehemaliger Nationalsozialisten in die Gesellschaft gegenüber der strafrechtlichen Verfolgung der Täter im Vordergrund. Auch eine Beschäftigung der Justiz mit der eigenen NS-Vergangenheit fand jahrzehntelang nur unzureichend statt. Spätestens Mitte der 1980er Jahre setzte hier ein breites Umdenken ein.

Die Dokumentations- und Forschungsstelle „Justiz und Nationalsozialismus“

Die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen leistet mit der Dokumentations- und Forschungsstelle „Justiz und Nationalsozialismus“ seit nunmehr 30 Jahren einen eigenen Beitrag zur Aufarbeitung des Justizunrechts in der NS-Zeit. Seit 1988 existiert die Dokumentations- und Forschungsstelle in der Justizakademie in Recklinghausen. Dabei geht sie insbesondere der Frage nach, inwiefern Gerichte und Behörden, Richter und Staatsanwälte in den totalitären Unrechtsstaat involviert waren. Zudem befasst sie sich intensiv mit den personellen Kontinuitäten in der bundesdeutschen Nachkriegsjustiz und der Aufarbeitung des Justizunrechts aus der NS-Zeit in der jungen Bundesrepublik Deutschland.

Die Dokumentations- und Forschungsstelle sieht ihre Aufgabe insbesondere darin, sowohl die Angehörigen der Justiz NRW, als auch die interessierte Öffentlichkeit außerhalb der Justiz über rechtshistorische Forschungsergebnisse zu informieren und somit einen Beitrag zur Aufarbeitung der jüngeren Justizgeschichte zu leisten. Um die Ergebnisse dieser Arbeit einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, hat die Dokumentations- und Forschungsstelle neben ihrer Dauerausstellung in der Justizakademie in Recklinghausen auch diese Wanderausstellung „Justiz und Nationalsozialismus“ erarbeitet.